Entstehung und Idee des Spielmannszuges vor dem   2. Weltkrieg

Die ersten Trommelschläge und Flötentöne des Spielmannszuges fanden hinter dem Elternhaus des Gründers Hermann Tschöpe statt. Der junge Flötist war im Jahre 1919, dem Gründungsjahr des Spielmannzuges, 20 Jahre alt. Geprobt wurde zur Not auch schon mal im Zechenbusch an der Werner Straße, wo auch die ersten Schritte des neugegründeten Spielmannszuges getan wurden. Laut Aussagen des Gründers führte der erste Marsch mit drei Flötisten und zwei Trommlern vom Zechenbusch bis zu seinem Elternhaus, selbstverständlich fehlerfrei, wie zu berichten ist.

 

Ein halbes Jahr gehörte der Zug dem Junggesellenverein an, ehe er sich der freiwilligen Feuerwehr anschloß. Es bestand – im Gegensatz zu heute – keine eigene Geschäftsführung. Zu jener Zeit mußten bei Feierlichkeiten immer wieder auswärtige Spielmannszüge nach Selm verpflichtet werden. Dieser Umstand wurde durch die Eingliederung in die Feuerwehr und durch die Initiative einiger Feuerwehrkameraden behoben. Man besann sich darauf, dass man in dem Feuerwehrmann Anton Kranemann einen von der Militärzeit im 1. Weltkrieg her aktiven Tambourmajor in seinen Reihen hatte. Er erschien deshalb als die gegebene Persönlichkeit, einen eigenen Spielmannszug zu führen. Zusammen mit den acht Feuerwehrleuten Wilhelm Surholt, Alfons und Leo Quante, Vitus Sander als Trommler sowie Wilhelm Krel, Wilhelm Klein, Heinrich Sommer und Wilhelm Dornhege als Flötisten wurde der Spielmannszug fester Bestandteil der Feuerwehr. Das Bild zeigt die neun Spielleute im Jahre 1921 vor der Westseite der Rektoratsschule, der heutigen Ludgerischule.

Innerhalb kürzester Zeit wurden die Instrumente auf eigene Kosten angeschafft. Dass die neun Spielleute ihre Aufgabe ernst nahmen, bewiesen sie dadurch, dass sie zwei- bis dreimal wöchentlich zu Übungsabenden zusammenkamen. Allerdings besaß der Zug zu jener Zeit noch kein festes Vereinslokal. So wurde, wenn es die Witterung erlaubte, unter freiem Himmel in der Röhnstraße getrommelt und gepfiffen. 

Von nun an spielte der Spielmannszug auf vielen Veranstaltung in näherer und weiterer Umgebung. Da der Spielmannszug zu jenem Zeitpunkt häufig mit der Blaskapelle Bialatstik zusammenspielte, wurde, um ein einheitliches Bild zu schaffen, auch eine einheitliche Uniform angeschaft. Das Bild zeigt den Spielmannszug und die Blaskapelle Bialatstik im Jahre 1926.

Nach dem Tode von Anton Kranemann im Oktober 1931 übernahm Flötist Dornhege den Tambourstab bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges. Kurze Zeit später hatten dann alle Spielleute ihre blaue Uniform mit der feldgrauen vertauscht. Es gab keinen Spielmannszug mehr. Die meisten Spielleute blieben im 2. Weltkrieg zurück.

Neugründung des Spielmannszuges nach dem 2. Weltkrieg

Es dauerte noch bis zum Mai 1951, bis sich wieder einige junge Männer auf einem Dienstabend der Feuerwehr absprachen, den Geist des Spielmannszuges wieder aufleben zu lassen. Gesagt, getan und schon war die Idee der Neugründung beschlossen.

 

Es fehlten allerdings das nötige Geld sowie die Musikinstrumente. So zogen Theo Overtheil, aber insbesondere Brandmeister Josef Schwager, durch das Dorf und sammelten bei den Bürgen und Geschäftsleuten Spenden und Anzahlungen auf Trommeln und Flöten.

 

Die ersten Nachkriegsübungsstunden konnten nun beginnen. Als Vereinslokal wählte man die Gaststätte Steinhoff. Schon nach einem Jahr intensiven Üben unter der Leitung von Stabführer Theo Overtheil konnte eine Spielverpflichtung im Dorf bei den Fabian und Sebastian Schützen angenommen werden.

Das Bild zeigt die Spielleute vor dem Vereinslokal Steinhoff erstmals mit ihren neuen Jacken im Jahr 1952

Nach und Nach wurden die Instrumente erweitert. So gab es zu Beginn des Musizierens weder große Trommel, Becken noch Lyren. Das tat dem Eifer und dem Einsatz bei Spielverpflichtungen aber keinen Schaden. Man kann sogar sagen, dass die Kameradschaft und Freundschaft durch die Improvisation und kleinen Unzulänglichkeiten nur noch stärker wurde. Wer erinnert sich nicht gerne an die Zeiten, als die Felle der Trommeln noch mit Ziegenleder bespannt waren, und so manche Trommler nach einem Regenschauer und zu wenig Fingerspitzengefühl beim Trommeln vorzeitig das Schlagfell durchtrennt hatte. Oder wie einem ehemaligen Metzgermeister im Dorf ein Ständchen in seinem Schlafzimmer gebracht wurde. Natürlich zur Freude seiner neben ihm schlafenden Ehefrau.

 

Selbst die Fahrt hin und zurück zu Spielverpflichtungen bereitete den gestandenen Männern kleine Probleme. Der Transport erfolgte damals mit einem LF 8, der von einem hilfsbereiten Feuerwehrkameraden gefahren wurde. Hierzu muss man wissen, dass dieses Löschfahrzeug maximal 9 Plätze hat. Wenn es einmal zeitlich sehr knapp zuging kam es schon einmal vor, dass der gesamte Spielmannszug einstieg, natürlich mit Instrumenten. Dass der Mann mit der Pauke dabei ein nicht so gern gesehener Mitfahrer war, versteht sich von selbst. Dies hatte allerdings den Vorteil, dass der Innenraum maximal ausgenuzt werden konnte, und die 16 Mann sich während der Fahrt näherkamen. Von der ausgesprochen guten Straßenlage bei enormen Beschleunigungswerten des Löschfahrzeugs einmal ganz zu schweigen.

 

Der erste Generationenwechsel fand mit der Gründung eines Jugendspielmannszuges statt. Nachdem 1967 auf einer Vorstandsversammlung das Für und Wider eines Jugendspielmannszuges besprochen wurde, konnte die Gründung noch im gleichen Jahr in die Tat umgesetzt werden. Das Bild zeigt den Spielmannszug und den Jugendspielmannszug im Jahre 1969.

Im Jahr 1974 ging dann die Ära eines reinen Männerspielmannszuges zu Ende. Es wurden fortan nun auch weibliche Mitglieder sehr zum Wohle des Spielmannszuges aufgenommen.

Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Selm wird e.V.

Für den Vorstand tat sich nun die Frage auf, wie der Spielmannszug versicherungsrechtlich in der Feuerwehr eingebunden ist. So wurde die Angelegenheit mit der Wehrführung und der Stadtverwaltung besprochen. Ein reiner Musikzug der Feuerwehr wäre der Stadt zu teuer geworden, denn Uniformen, Instrumente, Notenmaterial, Versicherungsbeiträge und ebenso Ausbilderkosten hätten trotz Gegenrechnung der Einnahmen die Stadtkasse belastet.

 

Auf einer außerordentlichen Versammlung am 11.01.1984 wurde eine zuvor aufgestellte Satzung angenommen und ein Notar bestellt die amtsgerichtliche Eintragung in die Wege zu leiten. Somit wurde der Spielmannszug 65 Jahre nach seiner Gründung am 22.03.1984 ins Vereinsregister eingetragen und nennt sich fortan „Spielmannszug der freiwilligen Feuerwehr Selm von 1919 e.V.“.